Offener Brief an die demokratischen Fraktionen im Augsburger Stadtrat


Offener Brief der ErinnerungsWerkstatt und der Stolpersteininitiative

an die Vorsitzenden der demokratischen Fraktionen im Augsburger Stadtrat,
der CSU, der Grünen, der SPD und der Bürgerlichen Mitte,
sowie zur Kenntnisnahme an die Frau Oberbürgermeisterin Eva Weber

Augsburg, den 24. Februar 2025

Sehr geehrter Herr Dietz,
sehr geehrter Herr Wengenmeier,
sehr geehrter Herr Dr. Freund,
sehr geehrter Herr Rauscher,

wie Sie wissen, haben die Erinnerungswerkstatt und die Stolpersteininitiative bereits im Jahr 2023 einen gemeinsamen Arbeitskreis zum Thema dezentrale Erinnerungszeichen gegründet. Wir haben immer wieder ausführlich dargelegt, warum wir die in Augsburg geltenden Einschränkung auf ermordete oder in Folge der NS-Herrschaft zu Tode gekommene Verfolgte für nicht mehr vertretbar halten. Unsere Argumente wollen wir an dieser Stelle nicht wiederholen. Wir wollen, dass endlich an alle NS-Verfolgten mit dezentralen Zeichen erinnert werden darf, so wie es in weit über tausend deutschen Kommunen selbstverständlich ist.

Wir haben uns sehr gefreut, dass wir Ihnen unser Anliegen letztes Jahr in Ihren Fraktionssitzungen vortragen durften, dass Sie alle sich zeit nahmen und echtes Interesse zeigten. Die Resonanz war fast durchweg positiv, insbesondere auch bei der größten Fraktion, der CSU (die anderen mögen es uns nachsehen, an dieser Stelle nicht explizit genannt zu werden). Es gab erfreulich klare Aussagen wie: „Das machen wir!“ Immer wieder bekamen wir zu hören: Es sollte ein fraktionsübergreifender Antrag werde, etwas Gemeinsames aller demokratischen Fraktionen.

In unserem grenzenlosen Optimismus (den man in der kommunalen Erinnerungspolitik braucht) glaubten wir tatsächlich, das gehe jetzt zügig seinen Weg. Wir dachten, das Thema sei Ihnen allen gerade heute ein besonders dringliches Anliegen. Doch was passierte? Die einen sagten, den Antrag würde die Verwaltung vorbereiten, andere meinten dagegen, der Anstoß solle aus einer Fraktion kommen, wieder andere reagierten überhaupt nicht mehr. Schon bald wurde uns klar, dass niemand die Initiative ergreifen möchte. Zumindest hat es bis heute niemand getan.

Sehr verehrte Fraktionsvorsitzende,

die Enttäuschung in der Stolperstein-Initiative und der Erinnerungswerkstatt ist groß. Wir investieren alle gerne viel Zeit ehrenamtlich, aber schöne Worte und von Zeit zu Zeit eine Sonntagsrede reichen uns nicht aus. Wir wollen ernst genommen werden, und wir wollen Sie beim Wort nehmen können.

Zur Erinnerung: Wir hatten einen konkreten Vorschlag eingebracht, der leicht umzusetzen ist:

Der Stadtrat möge zum „Augsburger Weg der Erinnerung“ beschließen: „Die unter Ziffer 2 genannten öffentlichen Erinnerungszeichen [gemeint sind Erinnerungsbänder und Stolpersteine] kommen für alle Verfolgten des Nationalsozialismus in Betracht.“

Wir fordern Sie auf, setzen Sie sich zusammen, investieren Sie ein wenig Zeit und bringen Sie zeitnah einen entsprechenden Antrag in den Stadtrat ein.

Mit freundlichen Grüßen

Fritz Schwarzbäcker,
1. Vorsitzender der Erinnerungswerkstatt

Thomas Hacker,
Sprecher des Initiativkreises Stolpersteine für Augsburg und Umgebung

sowie die weiteren Mitglieder unseres gemeinsamen Arbeitskreises:
Inge Kroll, Josef Pröll und Dr. Michael Friedrichs.